Engelchen, Bengelchen, fliiiiieeeeg… über Jodhpur

Nach Chocolate und Nutella Pancake mit frischem Obstsalat zum Frühstück ging es weiter mit unserer Jodhpur-Erkundungstour. Da der Besitzer des Hotels gerade nicht da war, fragten wir seine Aushilfe, wo man denn einen Supermarkt findet, wo man Gewürze kaufen könne. Dazu muss gesagt werden, dass die indischen Supermärkte nichts mit Rewe, Aldi und Co. zu tun haben und man sie manchmal noch nicht mal unbedingt als solche erkennt. Es sind mehr mini-kleine Lädchen, die sich von einem Straßenstand meist nur dadurch unterscheiden, dass die Preise ausgezeichnet sind. Dumm von mir war natürlich, dass ich das Wort Gewürze in den Mund genommen habe – nach mittlerweile fast 2 Wochen Indien-Erfahrung hätte ich es besser wissen müssen. Sofort wurde der Gute hellhörig und rief nach der Straße nach einem Typen. Dieser war auch sofort ganz aufgeregt und wollte uns gleich und höchstpersönlich zum besten Masala-Shop bringen. Genau das, was wir eigentlich vermeiden wollten, denn die „Gewürz-Shops“ in Jodhpur sind natürlich hauptsächlich für Touris und die Preise dementsprechend teuer. Aus dieser Nummer kamen wir nicht mehr raus, also trotteten wir brav dem Typen hinterher und fanden und kurze Zeit später bei Maharana Spices wieder. Es kam wie es kommen musste – wir wurden schon sehnlichst erwartet, sollten uns setzen und sofort startete eine 15-minütige Präsentation seines gesamten Sortiments. Wir rochen an 20 verschiedenen Tees und bekamen erklärt, welchen man bei welchem angestrebten Effekt oder bei welchem Gebrechen trinken solle. Danach folgten die Gewürze und Gewürzmischungen und ihre Anwendung beim Kochen. Praktischerweise standen natürlich auch schon die Anleitungen auf Englisch und Französisch mit drauf – er könne sie uns aber auch auf German mailen, no problem. Und sowieso seien all seine Produkte organisch und man könne sie so nirgends auf der Welt kaufen (komisch aber, dass er uns am Anfang erzählte, er würde auch nach Deutschland exportieren). Nachdem uns nacheinander verschiedenste Schachteln mit den unterschiedlichsten Gerüchen unter die Nase gehalten wurden, musste ich erstmal niesen. Und dann folgte natürlich auch direkt die Preisliste. Die Preise waren nicht so hoch, wie ich sie im Touri-Shop erwartet hatte, aber für Indien immer noch recht teuer. Die meisten seiner Teesorten kann ich so auch in Deutschland kaufen und bezüglich der Gewürze beschlossen wir später nochmal den Besitzer unseres Hotels zu fragen. Nun war es „nur“ noch an uns, dem Mann im Gewürzladen zu erklären, dass wir auch nach seiner kleinen Produkt-Show nichts kaufen wollten. Damit uns nicht das gleiche passiert wie im Stoff-Laden in Jaipur, habe ich mir schon während seiner Präsentation das Hirn zermartert, wie wir hier möglichst schnell und höflich wieder rauskommen. Letztendlich entschied ich mich für die Strategie, ein Foto von der Preisliste zu machen und zu sagen, wir müssen noch unsere Familie in Deutschland fragen, welche Gewürze sie sich wünschen. Ob er uns geglaubt hat oder nicht weiß ich nicht so richtig. Aber er fragte nur kurz enttäuscht „so you are not going to buy anything now?“ und ließ uns dann ziehen – natürlich nicht ohne uns zu sagen, dass er uns einen very special price machen könne, wenn wir wiederkommen. Es ist wohl unnötig zu sagen, dass wir das nicht taten.

So halbwegs elegant entkommen, konnten wir uns nun endlich auf den Weg zu unserem eigentlichen Ziel machen, dem xxxxx Tempel. Unterwegs kamen wir an dem Haus eines Mannes vorbei, der mit seiner Zeitung vor seinem blauen Haus saß. Als wir vorbeikamen schaute er von seiner Zeitung auf und nach der üblichen Einstiegsfrage Where are you from folgte auch die in Indien unvermeidliche Frage, ob wir verheiratet seien. Wir haben festgestellt: Die beste Antwort darauf, wenn man nicht lügen möchte, aber dem Gegenüber nicht den ultimativen Schock verpassen möchte: No, not yet. Das klingt dann so, als sei schon alles geplant und für die Inder ist die Weltordnung halbwegs wieder hergestellt. Hier wäre es nämlich undenkbar, dass ein unverheiratetes Paar gemeinsam reist und dann auch noch im selben Zimmer schläft. Selbst unseren weitereisten Hosts aus Agra ist bald alles aus dem Gesicht gefallen, als ich leichtsinnigerweise erzählte, dass Menschen in Deutschland sogar Kinder bekommen, ohne verheiratet zu sein. Kleiner Tipp: sowas einfach vor den Indern verschweigen. Naja, aber zurück zu unserem Mann vor dem blauen Haus: nach unserer Konversation erzählte er, dass seine Frau uns wunderschöne Hennas malen könne, die uns viel Glück für unsere Ehe, unser Leben, zahlreichen Kindersegen und was man halt noch so brauche bringen. Auch wenn das alles sehr verlockend klang, lehnten wir ab und gingen weiter unseres Weges.  

  

Endlich am xxxx Tempel angekommen gab es nicht nur wieder mal einen traumhaften Blick über Jodhpur, sondern auch tolle Pflanzen und sogar Kolobris zu bewundern! Der Tempel war klein, aber sehr hübsch und wird laut Lonely Planet sogar als der kleine Taj Mahal bezeichnet. Innen führte uns ungefragt ein süßer kleiner Wächter mit Turban durch den Tempel und versuchte uns mit seinen 2 1/2 Worten Englisch und einer Menge Hindi alles zu erklären. Wir verstanden nicht wirklich was. Nur, dass die Mamorwände, obwohl sie so dick sind, das Sonnenlicht von außen durchlassen und die Wand so Gold-orange schimmert. Das war in der Tat beeindruckend! Dann holte er noch seine Holzflöte raus und spielte mehr oder weniger wohlklingende Töne – ob das nun hohe indische Musikkunst war oder er einfach nur wahllos Töne aneinander reihte? Keine Ahnung, aber er gab sich Mühe und bekam im Endeffekt seine kleinen Tip. Er wollte auch noch unbedingt Fotos mit mir machen und hielt mich dabei mit seinen dünnen Ärmchen so sehr fest, dass ich dachte, ich komme gar nicht mehr weg. Und da ich gerade so gut im Traing war, folgte draußen gleich noch eine Fotosession mit dem Wächter und zwei indischen Kindern, die von ihrer Mutter vor unsere Kamera geschoben wurden.  

  

  

   
  
Auf dem Rückweg sahen wir einen Naturpark ausgeschildert und entschieden uns spontan, dort noch einen kleinen Rundgang zu machen. Ganz am Anfang zuckte es plötzlich neben mir und blitzschnell schoss eine Schlange aus dem Felsen, die wir wohl aufgeschreckt hatten. Ich machte einen großen Satz nach vorne und konnte erst wieder ruhig atmen, als Felix mir versicherte, dass die Schlange das Weite gesucht hatte. Zwar hatten wir auch damit gerechnet, in Indien irgendwann mal einer zu begegnen, aber trotzdem war es irgendwie gruselig, obwohl die Gute weder besonders groß noch gefährlich aussah (nicht, dass ich sagen könnte, woran man eine gefährliche Schlange erkennt… ;). Den Rest des Weges begleiteten uns nur eine Menge streunender Hunde und ein paar Kolibris und wir genossen die interessante Wüsten-Natur.  

  
Zum Mittagessen zog es uns wieder zurück ins Hotel und bei einer Onion Tomato Pizza und Pepsi konnten wir etwas im Schatten entspannen, denn das aufregendste Erlebnis stand uns noch bevor: wir hatten Zip-Lining geplant, also an insgesamt 6 verschiedenen Seilen über Jodhpur zu „fliegen“. Pünktlich um 16 Uhr fanden wir uns am Treffpunkt ein und wurden mit Klettergurten präpariert.  

    

Außer uns bestand unsere Gruppe hauptsächlich aus Chinesen, ich war zwischen 13 Männern als einzige Frau dabei. Nach einer kurzen Demonstration am Übungsseil ging es auch direkt zur ersten richtigen Fahrt. Obwohl der erste Eindruck auf der Plattform „hui, das ist hoch“ war, blieb jedenfalls bei uns der Adrenalinkick aus. Der Blick von oben war zwar toll und es hat auch Spaß gemacht, aber nach insgesamt 6 Routen waren wir doch eher enttäuscht, weil wir mehr erwartet hatten. Das letzte Seil war aber noch am coolsten, weil man quasi auf die Festungsanlage zuflog, unter sich den See und rechts die blauen Häuser von Jodhpur. Insgesamt: nettes Erlebnis und schöne Erinnerung, aber mehr nicht. 

 Den Rest des Abends verbrachten wir gemütlich im Restaurant, bestellten uns noch ein letztes Mal unsere geliebte Cheese and Onion Pizza, verdrückten zum Nachtisch noch Pancakes und quatschten noch etwas mit unserem Freund, dem Cousin des Besitzers. Weil es uns so gut gefallen hat, haben wir ihm noch Lübecker Marzipan geschenkt (wir hatten ein bisschen was eingepackt als Dankeschön für liebe Menschen, die uns während unseres Urlaubs über den Weg laufen) und er hat sich total gefreut. Gucci, der Besitzer des Geeta Mahal, dem wir von unserer Gewürz-Story vom Vormittag erzählt hatten, fuhr spontan nochmal los und kam mit 4 Päckchen Gewürzen aus dem Supermarkt wieder, die er uns schenkte. Wir haben so gefreut und sind so tatsächlich noch zu unseren Gewürzen gekommen! :) 

Hotelbesitzer Gucci, wir und die Gewürze

 

Ein schöner Aufenthalt und Jodhpur neigte sich dem Ende und den Rest des Abends verbrachten wir damit, unsere Rucksäcke für die nächste Station vorzubereiten: Udaipur.

christin

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