Von Busreisen & Toiletten mit königlichem Ausblick

Pünktlich um 6.45 Uhr holte uns das bestellte Tuktuk am Hotel ab, um uns zur Bus Station zu fahren, wo unser Bus nach Udaipur starten sollte. Als er uns plötzlich irgendwo am Straßenrand absetzte, waren wir etwas skeptisch. Hier soll der Bus fahren? Aber dann sahen wir einen kleinen Warteraum der Firma Jain Travels, mit denen wir gebucht hatten und als uns dann auch der Herr am Schalter bestätigte, dass hier der Bus nach Udaipur fahre, waren wir beruhigt. Für unsere erste Busfahrt in Indien waren wir gespannt, was uns erwarten würde. Wir hatten schon alles gelesen von „Luxusbus auf deutschem Standard“ bis „Klapperkiste, die besser nicht mehr im Straßenverkehr teilnehmen sollte“. Unser Bus stelle sich als irgendwas dazwischen heraus. Er war zwar nicht mehr der Neuste und von Luxus zu sprechen wäre jetzt auch zu viel des Guten gewesen, aber er hatte zumindest vier Räder und sah so aus, als könnte er (und wir) die fünfstündige Fahrt und knapp 260 km heil überstehen. Da das Gepäckfach bereits voll war, mussten wir unsere Rucksäcke mit uns auf die Sitzbank quetschen. Da der Fußraum aber halbwegs großzügig bemessen war, haben wir sogar das irgendwie hinbekommen und die Fahrt konnte losgehen. Ansonsten verlief die Reise eigentlich wie jede andere Busfahrt in Deutschland auch – mit ein paar kleinen indischen „Feinheiten“. So wurde beispielsweise die Tür nie geschlossen und als wir einen kurze Pause irgendwo am Straßenrand einlegten, war der Bus plötzlich voll mit Menschen, die uns Essen und Getränke verkaufen wollten. Auf so engem Raum mit vielen Indern fallen einem auch andere Eigenheiten der indischen Landsleute auf, die ich bisher immer halbwegs gekonnt ignorieren konnte: Körpergeräuschen jeder Art wird freizügig Luft gemacht. Ob Nase herzhaft hochziehen, geräuschvolles Husten, ein lauter Rülpser nach dem Essen, Schmatzen oder schnalzen mit der Zunge, die Inder beherrschen eine Menge davon. Bei dieser Art von Geräuschkulisse bin ich ja schon immer etwas empfindlich, das Ganze dann aber noch potenziert und auf kleinem Raum war schon echt eklig. Vor allem die zwei älteren, zierlichen Frauen in schicken bunten Saris hinter uns konnten Rülpser loslassen, die jeden gestandenen Mann im bayrischen Biergarten blass aussehen lassen würden.   
Auch auf dieser vergleichsweise kurzen Strecke veränderte sich die Natur immer wieder. Nachdem wir lange durch die für Rajasthan typische Wüstengegend fuhren, fühlten wir uns ein paar Kilometer weiter plötzlich wie im Urwald und konnten Affen von unserem Fenster aus beim Klettern zusehen. Nach diesem grünen Streifen folge wieder lange Wüste und gefühlt stundenlang reihten sich die verschiedenen Mamor-Anbieter aneinander – wir fragten uns, wie die bitte alle überleben können. 

Für unsere Ankunft hatten wir uns extra schon alles genau bei Google Maps angeschaut. Doch plötzlich wurden wir nicht an der geplanten Stelle, sondern irgendwo ein ganzes Stück außerhalb der Stadt rausgeworfen. Angeblich dürften die Busse tagsüber nicht in die Stadt reinfahren. Naja, eifrige Tuktuk-Fahrer standen natürlich schon bereit und einer wollte uns direkt zum Preis von 250 Rupien (ca. 3,50 €) zu unserem Couchsurfer-Host fahren. Dass das selbst für Touristen Wucherpreise waren, wussten wir. Er wollte uns auch die ganze Zeit einreden, es wären mehr als 10 km dorthin. Dass ich ihm auf Google Maps zeigen konnte, dass es nur 5 km sind, interessierte ihn recht wenig. Naja, er knöpfte sich dann das einzige andere Touristen-Pärchen im Bus vor und wir wurden im Endeffekt von seinem Kollegen für (immer noch teure) 200 Rupien gefahren. Aber was will man machen, Angebot und Nachfrage. Und 5 km mit Gepäck in der Mittagshitze in einer fremden indischen Stadt zu laufen war jetzt auch nicht unbedingt unser Traum. Die fünfstündige Busfahrt nach Udaipur kostete übrigens ca. 450 Rupien für uns zusammen – nur, damit man mal einen Vergleich hat. ;)

In Udaipur hatten wir geplant, bei einem Couchsurfer zu übernachten, damit wir auch diese Erfahrung mal mitmachen. Für alle die es nicht kennen: Couchsurfer bieten eine Übernachtungsmöglichkeit kostenlos an – einfach nur, weil sie gerne neue Leute aus der ganzen Welt kennenlernen und ihre Kultur gerne teilen. Wir hatten z.B. erst neulich bei uns eine Inderin für 2 Nächte bei uns zu Besuch. Zurück zu Udaipur: Als wir bei der von Pal genannten Adresse ankamen, stellte sich heraus, dass er selbst ein kleines Guest House mit 4 Zimmern und ein Restaurant betreibt und die nicht belegten Zimmer immer kostenlos an Couchsurfer gibt. Das ist echt super nett (und bringt ihm natürlich ganz nebenbei auch noch zahlende Gäste für sein Restaurant ;). Da unser Zimmer noch besetzt war, ließen wir unser Gepäck bei Pals Koch und nutzten die paar wenigen Stunden in Udaipur für eine kleine Sightseeingtour. Da Udaipur an mehreren Seen liegt, erinnerte uns das Flair mit den Gebäuden am Wasser und kleinen Brücken so ein kleines bisschen an Venedig. Und es ist mindestens genauso touristisch. Noch einmal waren wir froh, doch noch eine Nacht länger im entspannten Jodhpur geblieben zu sein. Nachdem wir unseren großen Hunger gestillt hatten, schauten wir uns vom Ufer aus die beiden bekannten Paläste auf dem Wasser an. Einer davon ist heute ein Luxushotel, das Taj Lake Palace. Den anderen, den Jagmandir, kann man besichtigen.  

 

 
Mehr durch Zufall als geplant landeten wir beim City Palace und entschieden uns spontan, auch noch diese Sehenswürdigkeit mitzunehmen, auch wenn uns nur noch etwa eine Stunde zum Erkunden blieb, bevor dieser schließen sollte. Der Audioguide blieb dieses Mal also außen vor und wir genossen einfach wieder die tolle Bauweise und die vielen Details der indischen Baukunst. Auch hier wieder waren viele Räume mit bunten Fenstern verziert und funkelten dank Spiegeln, Gemälden, Glitzersteinen und anderen Verzierungen um die Wette. Man konnte sich sogar die ehemalige Toilette des Maharanas anschauen – selbstverständlich mit einem Fenster mit Seeblick. Falls es also mal wieder länger dauerte, hatte er zumindest eine netten Ausblick. ;) Generell war der Blick vom City Palace wieder mal herrlich und man konnte so ungefähr die Ausmaße der Stadt erahnen. Besonders schön fand ich auch den Innenhof, der so schön friedlich und ruhig wirkte. Da konnte man sich so richtig vorstellen, wie der Herrscher dort nach einem stressigen Tag umherging und die Ruhe über seiner Stadt genoss… 

Künstler bei der Arbeit

  

City Palace Eingang


 

  

 

 

Die königliche Schaukel

 
   
Wir genossen die Ruhe nach unserem Besuch im City Palace im „Café Edeweiss“. Ja, es heißt wirklich so. In unserem Reiseführer wurde geschrieben, dass man hier leckeren deutschen Kuchen bekommt und das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Mit einem Chili Brownie und einem Stück Banana Cake ließen wir es uns gut gehen und nutzten gleich auch das super WLAN aus, um in ungewohnt schneller Geschwindigkeit Fotos für den Blog hochzuladen. Als wir wieder raus kamen, ging bereits die Sonne unter und das Licht und die Stimmung über dem Wasser waren wunderschön. 

    
Zurück im Hotel war dann auch unser Zimmer frei und nach einem ersten Blick waren wir froh, dass wir den Aufenthalt auf eine Nacht verkürzt hatten. Das Zimmer war okay, aber das Bad toppte sogar das aus Jaipur (im negativen Sinn) und wir beschlossen, genau nur so viele Quadratmillimeter zu berühren wie nötig (Details erspare ich euch an dieser Stelle). Aber naja, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul – oder eben ins Badezimmer – und was einen nicht umbringt, macht einen nur härter. Dafür verbrachten wir einen wunderbaren Abend auf der Dachterasse bei super leckerem Veg Fried Rice und Pommes und mit tollen Menschen. Neben unserem Host und Hotelbetreiber Pal waren auch sein Kumpel Schiggi und eine indische Freundin und ein amerikanisches Pärchen da, was eine wirklich nette Runde ergab. Andrea und Michael aus Texas zum Beispiel sind schon seit einem halben Jahr auf Weltreise und hatten einiges über ihre Erlebnisse zu erzählen. Sie waren ganz neidisch, dass wir zu einer indischen Hochzeit eingeladen sind und so kamen wir aufs Thema Hochzeiten und wie anders diese doch in Indien ablaufen. Die Hochzeit meiner Freundin Sakhee in Mumbai beispielsweise dauert 4 Tage! Es stellte sich heraus, dass die indische Freundin von Pal und Schiggi Modedesignerin ist und Andrea und ich waren natürlich gleich gespannt auf ihr Kreationen. Sie hatte sich und ihrer Freundin selbst ein Kleid für eine Hochzeitsparty genäht und beide waren wirklich ein Traum von Kleid!   

Später gesellte sich auch noch ein sympathischer brasilianischer Medizin-Student zu uns, der an sein Auslandssemester in Rom gleich noch 4 Monate Reise drangehängt hat. Es war also wirklich eine interessante Mischung an Menschen mit vielen spannenden Geschichten. Das entschädigt für so manch dreckiges Badezimmer. Und im Endeffekt sind es ja genau solche Momente, die einem in Erinnerung bleiben und an die man auch später gern zurück denkt. 

christin

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