Unterwegs mit Monti in Agra

Vom Taj Mahal hörte ich das erste Mal im Englischunterricht, als ich ein Buch über Sita und Sanjay Gupta und ihre Reise zu Ihrer Familie in Indien las. Dass ich einmal selbst live dort sein würde, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Aber gestern war es dann soweit und dank Col Sharma und Rita war der Tag auch perfekt durchgeplant. Zum Frühstück gab es wieder die typischen aloo parathas (eine Art herzhafte Pfannkuchen) und die waren sogar noch leckerer als die, die wir in Delhi hatten. Diesmal gab es keine Mango-Marmelade, sondern salzige Butter in top. Sooo gut! Wie auch am Tag davor wurde immer wieder nachgelegt – wir seien schließlich noch jung und müssen viel essen und außerdem bräuchten wir viel Energie für den Tag. Wir sehen ja auch wirklich beide schon halb verhungert aus! :D 
Überpünktlich wartetet dann auch schon unser Taxifahrer für den Tag vor der Tür. Felix und ich griffen natürlich aus Gewohnheit wieder zu den Gurten, aber da war natürlich nichts. Ich meine, wer braucht im chaotischen indischen Verkehr schon Gurte? Total überbewertet. Der gute Monti, wie sich unser Fahrer später vorstellte, gehörte auf jeden Fall eher zur rabiateren Sorte Fahrer und hatte die Hand quasi dauernd auf der Hupe. Dafür waren wir aber auf jeden Fall auch flott unterwegs, hat ja auch Vorteile. Als erstes baten wir ihn, uns an einem Geldautomaten rauszulassen. Geld holen ist ja auch immer so ein kleines Abenteuer hier: die Automaten stehen in den schäbigsten Ecken und sind oft ziemlich heruntergekommen und in uns sträubte sich so einiges, unsere Kreditkarte da rein zu stecken. Aber es half ja nischt, wir brauchten dringend Rupien für den anstehenden Tag. Am dritten Automat hatten wir dann Glück und waren so gewappnet für die erste Station unserer Sightseeing-Tour: den Taj Mahal.

In unserem Reiseführer stand, dass man dem Fahrer bitte genau vorgeben soll, an welchen Eingang er fahren soll, weil man sonst direkt in die erste Touristenfalle tappt. Naiverweise vertrauten wir Monti, aber das kleine Schlitzohr warf uns natürlich am besagten Tourieingang raus, an dem uns sofort Tuktuk-Fahrer überfielen und uns für horrende Preise zum Taj Mahal fahren wollten. Alternativ hätte man auch einen von einem Kamel gezogenen Wagen nehmen können. Also hieß es Augen (und Ohren) zu und durch durch gefühlte 3 Millionen Touristen-Naps. Das Stück, das laut unserer kundigen Tuktuk-Fahrer viiiieeeel zu weit zum laufen wäre stellte sich als 5 Minuten Fußweg heraus, also schon echt an der Grenze des Laufbaren. ;) Lässig überholten wir die lahmen Kamele und schüttelten außerdem eine Menge Kinder ab, die uns kitschige Souvenirs verkaufen wollten.  

Nachdem wir das Ticket in der Hand hielten, kam direkt ein „hilfsbereiter“ und natürlich hoch offizieller Typ, der uns alles zu unserem Besuch erzählen wollte. In unserem Ticket sei auch ein offizieller Guide inbegriffen und wir müssten ihm nur einen kleinen „Tip“ zahlen, wenn wir die Tour mochten. Sofort klingelten wieder alle Alarmglocken in meinem mittlerweile geschärften Indien-Touri-Hirn – von einem kostenlosen Guide hatte der Reiseführer nichts gesagt. Mit etwas Hartnäckigkeit schüttelten wir auch diesen geschäftstüchtigen Guide ab und konnten nach einer Sicherheitskontrolle endlich einen Blick auf den Taj Mahal werfen.  

 

Er wurde übrigens von einem Großmogul als Mausoleum für seine dritte und liebste Ehefrau Mumtaz Mahal gebaut, nachdem sie 1631 bei der Geburt ihres 14. Kindes gestorben war – das nenne ich mal ein beeindruckendes Liebesgeständnis! Das Gebäude ist wirklich faszinierend und wunderschön! Man kann es eigentlich gar nicht wirklich in Worte fassen, das muss man einfach selbst gesehen haben. Trotzdem habe ich mir den Taj Mahal noch irgendwie größer vorgestellt – und mit blauem Himmel dahinter sieht er auf Fotos irgendwie nochmal imposanter aus. Aber so oder so bleibt es ein einmaliges Erlebnis und ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, dieses Weltwunder mal live zu sehen. 

  

Von der Rückseite des Taj hatte man einen richtig schönen Blick über das Land dahinter und ich hatte wieder viel Spaß beim Äffchen knipsen und hätte den Kleinen am liebsten eingepackt. Warum gibt’s in Deutschland eigentlich keine Affen? Das kommt gleich auf die Liste nach der Mango-Petition! 

Pünktlich wie vereinbart wartete Schlitzohr-Fahrer Monti wieder am Eingang auf uns und fuhr uns den kurzen Weg zur nächsten Station, dem Roten Fort. Hoffnungsvoll wie beim Taj fragte er auch hier wieder, ob wir nicht einen Guide bräuchten, aber wir blieben hartnäckig und Monti konnte dann leider doch nicht die erhoffte Provision von seinem Schwippschwager dritten Grades ergattern. Sorry an dieser Stelle, Monti! Wie der Name schon vermuten lässt, ist das Fort hauptsächlich in rotem Stein gebaut und so erkundeten wir gemütlich das große Gelände und genossen die weite Aussicht und den Blick auf den etwas weiter entfernten Taj Mahal. 


       

In regelmäßigen Abständen wurden wir von Gruppen von Jungs im Teenie-Alter angesprochen, die unbedingt ein Foto mit uns machen wollten. Dann legte jeder mal seinen Arm um meine Schulter und posierte mega-cool für ein Foto, mit der kleinen Europäerin, die bestimmt 10 Jahre älter ist als sie selbst. Wahrscheinlich bin ich jetzt auf vielen Facebook-Timelines zu sehen. ;) Wir hätten eigentlich Geld für jedes Foto nehmen sollen, dann wäre auf jeden Fall noch ein leckeres Essen drin gewesen. Irgendwann beschlossen wir, uns einen Spaß draus zu machen und machten dann immer noch ein Selfie mit allen Jungs zusammen, um zum Schluss des Urlaubs eine Selfie-Serie zu haben. Hier schon mal ein Vorgeschmack:  

Als wir zur verabredeten Zeit wieder aus dem Fort rauskamen, war Schlitzohr-Monti noch nicht zu sehen – die Tuktuk-Fahrer witterten ihre Chance und stürzten sich auf uns. Gerade rechtzeitig fuhr unser Retter Monti laut hupend vor und wir verschwanden erleichtert ins Taxi. Auf dem Rücksitz zwischen uns lag plötzlich neben unseren Jacken, die wir im Auto gelassen hatten, auch eine Peitsche für Pferde aus Leder und wir waren leicht nervös, was Monti wohl damit vorhatte. Wir sollten es bald erfahren: Monti teilte uns freudig mit, dass wir dieses schöne Stück sehr gerne für nur 750 Rupien (ca. 10 €) kaufen könnten, ein echtes Schnäppchen! Eins muss man ihm lassen, geschäftstüchtig und ideenreich ist er. Blöd nur für Monti, dass wir für die Lederpeitsche absolut keine Verwendung hatten und auch dieses attraktive Angebot ausschlagen mussten. Sorry, Monti!   

Für die nächste Station, den Fatehpur Sikri, mussten wir etwa eine Stunde fahren und kamen gar nicht hinterher, die ganzen Eindrücke der Fahrt zu verarbeiten. Am Autofenster zogen fast wie im Film unglaubliche Bilder an uns vorbei. So viel Dreck, so viel Armut, Kühe, Schweine, Pferde, abgemagerte Hunde, Menschen, die im Schlamm essen… Und wir fragten uns, wie man das nur jemandem erklären kann, der er nicht gesehen hat. Die Antwort ist: es ist unmöglich. 

Am Fatehpur Sikri angekommen hielt Monti an einem Parkplatz und rief kurz jemanden in den Wagen, der natürlich auch ein offizieller Touri-Guide war und uns für nur 100 Rupien den Berg herauffahren wollte UND er könnte sogar noch unser Guide sein für ein paar mehr Rupien. Das muss wohl unser Glückstag gewesen sein… ;) Hach Monti der Gute, er gibt auch einfach nicht auf! Glücklicherweise hatten uns Col Sharma und Rita im Vorhinein erzählt, dass es einen Bus gibt, der uns für 10 Rupien zum gewünschten Ziel fährt. Etwas genervt musste ich mal etwas streng zu Monti werden und ihm sagen, er solle uns sofort zum richtigen Parkplatz fahren. Er gab dann klein bei und fuhr brav zum Parkplatz und wir für den normalen Preis die 3 Minuten nach oben. 
Der Fatehpur Sikri wurde uns von unseren Hosts empfohlen und dort angekommen waren wir total begeistert. Von diesem Ort ging einfach eine ganz besondere, ruhige und friedliche Stimmung aus und in der langsam untergehenden Sonne sahen die roten Gebäude einfach richtig schön aus. Außerdem waren kaum Touristen dort. Für uns auf jeden Fall das unerwartete Highlight des Tages, das wir sehr genossen!

   
    

  
 
Der Rückweg war wieder gespickt von vielen Eindrücken. Zum ersten Mal seit unserer Ankunft wurde mir auch ein bisschen mulmig, als an der Maut-Station zwei Autos vor uns ein Streit zwischen dem Fahrer und dem Maut-Typen entstand. Plötzlich gingen die beiden aufeinander los und fingen an sich zu prügeln und auch unser lieber Monti stieg aus und beteiligte sich an der Diskussion. Nach 5 Minuten hatte dann jeder mal seinen Senf dazu gegeben und der Streit hatte sich aufgelöst. Monti lachte über mein doch etwas erschrockenes Gesicht, anscheinend passiert sowas immer mal. Wieso einen Streit auch mit Worten lösen, wenn man sich kloppen kann? 
Gesund und munter kamen wir wieder bei Familie Sharma an und Monti setzte sein schönstes bubihaftes Schlitzohr-Grinsen auf und fragte, ob er nicht ein bisschen Trinkgeld bekommen könne. Nachdem wir ihn im Laufe des Tages so oft enttäuschen mussten, sind wir dann doch weich geworden und drückten im 100 Rupien in die Hand, die er grinsend annahm. Irgendwie haben wir ihn ja doch lieb gewonnen, unseren Monti! 

christin

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