Mittlerweile sind wir in Rajasthans Hauptstadt Jaipur angekommen und haben somit den Bundesstaat Uttar Pradesh hinter uns gelassen.
Nachdem gestern unser Zug, der um 7.15 Uhr ab Agra fahren sollte, sage und schreibe 5 Stunden Verspätung hatte, hatten wir viiiiel Zeit, das Geschehen am Bahnhof zu beobachten. So zum Beispiel die „Reinigungsarbeiten“, die folgendermaßen aussahen: mit einem Reisigbesen wird alles zusammengefegt und dann auf die Schienen gefegt. Dann kommt ein Mann mit Wassereimer und Becher und schüttet ohne Rücksicht auf Verluste mit ordentlichem „Platsch“ Wasser auf den Bahnsteig. Wer im Weg ist hat halt Pech und wird nass. So schnappten alle hektisch ihre Taschen und sprangen aus dem Weg. Ein dritter fegt dann das Wasser runter auf die Gleise und „wischt“ den Bahnsteig. So viel mühevolle Arbeit wird aber anscheinend nicht sonderlich anerkannt. Obwohl tatsächlich ein Mülleimer am Bahnsteig stand, lässt man das Papier einfach fallen, anstatt sich 4 Meter zu ebendiesem zu bewegen.
Den wortwörtlich beschissensten Job haben die Menschen, die die Gleise reinigen. Ich sage nur Stichwort: Zugklo ist ein Loch im Boden, alles fällt auf die Gleise. Ohne Handschuhe und nur mit einer Schaufel bewaffnet schippen die Armen die Gleise von jedem (-Entschuldigung-) Scheiß frei, und da ist halt auch „richtiger Scheiß“ dabei. Brrrrr…
Im Endeffekt kamen wir dann also nicht wie geplant um 12 Uhr an, sondern sind erst kurz nach 18 Uhr am Bahnhof von Jaipur eingetrudelt. Im Laufe der Fahrt Richtung Westen konnte man richtig sehen, wie sich die Landschaft langsam veränderte. Es wurde trockener, der dicke Nebel verschwand und – wir wollten es nach 4 Tagen des Frierens gar nicht glauben – die Sonne kam tatsächlich mal raus! Eine etwas detaillierte Beschreibung der Zugfahrt findet ihr auf Felix‘ Blog.
In Jaipur ließen wir uns aus Bequemlichkeit das erste Tuktuk am Bahnhof aufschwatzen und wurden zum Hotel gebracht. Dort folgte dann erstmal eine Enttäuschung, da das Hotelzimmer leider nicht so schön ist, wie wir es uns aufgrund der Bilder vorgestellt haben. Mit dem Zimmer können wir noch ganz gut leben, das Bad ist aber leider einfach nur eklig. Aber was soll’s, ein anderes Zimmer im Hotel ist nicht frei und für 3 Nächte wird’s schon gehen. Muss ja… ;) Nach einem schnellen Abendbrot im hauseigenen Restaurant sind wir dann nur noch müde ins Bett gefallen.
Nach den letzten anstrengenden Tagen ließen wir es heute ruhig angehen. Als wir aus dem Fenster schauten, besserte sich die Laune augenblicklich – Sonne, endlich! Nach einem schnellen Frühstück schnappten wir uns zwei Liegestühle im Garten unseres Hotels und genossen einfach nur die Wärme und die Ruhe. Im Gegensatz zum Zimmer ist die Anlage superschön gestaltet – und neben Hühnern und den zwei Hunden der Besitzer stolzierte auch ab und zu ein Pfau an uns vorbei.
Da wir noch keine Lust auf den Großstadttrubel hatten, entschieden wir uns nur für einen kurzen Ausflug zum Galta Ji Temple, dem Affentempel am Rande von Jaipur (an dieser Stelle danke an meine Kollegin Linda für den tollen Tip!). In einem Blog hatte ich gelesen, dass man sich nicht direkt zum Haupteingang fahren lassen sollte, sondern lieber die kurze Wanderung von der anderen Seite unternehmen sollte. Unser „Hotel-Opa“ bestellte uns also ein Tuktuk, das uns bis zum Galta Gate fuhr, von wo wir die ca. 30-45 minütige Wanderung starteten.
Schon nach wenigen Metern den steilen Berg hinauf war klar: das war der allerbeste Tip überhaupt! Wir waren umgeben von Affen und je höher wir stiegen, desto atemberaubender war der Blick auf Jaipur.
Da der Affentempel als heilig gilt, pilgerten mit uns auch viele Einheimische den Weg entlang. Einige von ihnen fragten uns, ob wir sie fotografieren könnten – und wollten tatsächlich mal kein Geld von uns, sondern einfach gerne das Foto sehen. Da schlug nicht nur das teilweise doch recht gestresste Touri-Herz, sondern vor allem auch das Fotografenherz höher.
Da wir uns wohlweislich gegen die im Tal verkauften Erdnüsse für die Affen entschieden haben, blieben wir auch von jeglicher Affen-Attacke verschont und konnten ganz in Ruhe viiiiiele Fotos knipsen. Hatte ich schon erwähnt, dass ich ein kleines Baby-Äffchen mit nach Hause nehmen möchte? ;) Generell war der Weg einfach wunderbar entspannend, weil niemand versuchte uns irgendetwas anzudrehen. Okay, einer rief mal von seinem Hausdach, ob wir „Indian Perfume“ haben wollten und winkte mir einem grünen Flakon, aber als wir ihm mitteilten, dass wir kein Interesse an seinem Duftwässerchen haben, war es auch wieder gut. Versuchen kann mans ja mal, das kennen wir ja schon von Taxifahrer Monti. ;)
Am Affentempel angekommen waren wir durch die vielen positiven Erlebnisse und das tolle Wetter super drauf und das wurde nochmal dadurch gesteigert, dass der Tempel unsere Erwartungen bei Weitem übertraf! Frauen wuschen sich in ihren bunten Saris mit heiligen Wasser und schütteten sich mit Schüsseln das Wasser über den Kopf. Leider gibt es davon keine Fotos, da ich mir nicht sicher war, ob es angebracht ist, bei so einer Zeremonie Fotos zu machen und sowieso zu sehr damit beschäftigt war, das Ganze zu bestaunen. Ein wenig später sind wir noch einmal zu dieser Stelle gegangen und dann konnte ich Fotos machen, ohne jemanden zu stören. Dann kam gerade ein Inder, der sich Wasser über den Kopf schüttete und so bekam ich auch ein paar Tropfen der heiligen grünen Brühe ab – nun war ich also auch gleich rein und gesegnet! ;)
Auch weiter unten in der Tempelanlage tummelten sich viele Inder und so liefen wir einfach ein bisschen durch die Anlage und ließen die Eindrücke und die Stille auf uns wirken.
Auf dem Rückweg war dann in einem kleinen Teich oberhalb des Tempels gerade große Affen-Poolparty angesagt und das war einfach sooo schön mit anzusehen. Die Äffchen hüpften ins Wasser, schwammen und kletterten pitschnass wieder raus. Einige hüpften mit ordentlich Anlauf ins kühle Nass und verursachten immer ein ordentliches Platschen, ganz zur Erheiterung aller Anwesenden. Die meisten Versuche, das Spektakel fotografisch festzuhalten, scheiterten, aber auf diesen erkennt man es glaube ich ganz gut:
Wie verabredet holte uns unser sympathischer Tuktuk-Fahrer wieder am Galta Gate ab und fuhr uns zurück ins Hotel. Unterwegs fragte er uns, ob er uns morgen auch durch Jaipur fahren darf und wir sagtem ihm, dass er das sehr gerne dürfe. Wie gesagt, er war uns direkt sympathisch, sprach halbwegs gut Englisch und fuhr auch ganz angenehm (Jaipurs Verkehrs ist im übrigens generell etwas geordneter als der von Delhi und Agra). Außerdem ist er nicht so gruselig wie einige seiner Kollegen, bei denen man sich manchmal schon insgeheim fragt, ob er uns jetzt tatsächlich zu unserem Ziel oder zum nächsten Markt für Organhändler kutschiert. ;) Für ihn ist es wahrscheinlich ein traumhaftes Geschäft und er müsste viele Inder herumfahren, um auf das zu kommen, was er mit uns Touris verdient – und wir haben nichts dagegen, gerne etwas mehr zu zahlen für einen verlässlichen Fahrer. Heute hat er uns eine Stunde herumgekutscht und umgerechnet etwa 7 € verdient. Jetzt müssen wir nur noch den morgigen Tag planen und hoffen, dass er sich morgen auch noch genauso vorbildlich verhält und auch Tag 7 in Indien so positiv verläuft wie der heutige.
Unglaublich, dass schon bald die erste Woche Urlaub hinter uns liegt… Auf der anderen Seite haben wir schon so viel erlebt und gesehen, dass wir gedanklich so weit weg von Deutschland sind und es uns vorkommt, als seien wir schon ewig hier.
Es macht mir wirklich soooo viel Spaß, deinen Blog zu lesen. Und ich beneide euch ziemlich um eure Abenteuer.
Tolle Bilder und Texte, bin wahnsinnig beeindruckt! LG Helga aus Meiningen
Danke liebe Helga und viele Grüße aus Indien! :)