Ein Tag in Delhi oder: zwischen Touristen-Frust und Essenslust

Eigentlich würde ich jetzt gerne schreiben, wie unglaublich toll und spannend und aufregend unser Tag in New Delhi war, aber ehrlich gesagt: es war irgendwie ziemlich anstrengend und frustrierend – den Morgen und den Abend mal ausgenommen.

Wie gesagt, der Tag fing wirklich gut an. Die Mama unseres Airbnb Hosts Anmol hatte uns typisch indisches Frühstück zubereitet und in ihrer Wohnung serviert, die nur 2 Etagen über unserem Zimmer liegt. Es gab ein typisch nordindisches Frühstück: aloo parathas und dazu Chai. Die aloo parathas sind so eine Art Pfannkuchen aus Kartoffeln, irgendwelchen Grünzeug, Chili und anderen Sachen, die ich mir nicht gemerkt habe. Für unsere schwachen europäischen Gaumen hat sie sie auch extra „less spicy“ gemacht. Man hat die Schärfe zwar noch gemerkt, aber selbst für mich als den ultimativen Schärfe-Schwächling war das noch gut zu ertragen. Und es war richtig lecker! Ein toller erster Ausflug in die nordindisches Küche. Darauf gab es übrigens Mango-Marmelade, sooo lecker! Ich werde mal eine Petition für Mango-Marmelade in deutschen Supermärkten starten. ;) Wer ist dabei? Anmols Mama legte natürlich – ganz die liebe indische Gastgeber-Mama – immer wieder nach und so starteten wir mehr als gesättigt sehr schön und traditionell indisch in den Tag.   

Der Plan war es zuerst den Lotus Temple zu besuchen. Auch wenn er – wie übrigens die meisten Sehenwürdigkeitrn – am Montag geschlossen war, wollten wir ihn wenigstens von außen sehen. Wieder ging es mit der Motor-Riksha laut hupend durch den verrückten Verkehr von Delhi. Leider konnten wir den Tempel nur von seeehr weiter Entfernung anschauen, da nicht nur der Tempel, sondern das ganze Gelände drumherum geschlossen war. Die Fotos sind dementsprechend auch nicht doll, von daher schaut doch einfach mal bei Tante Google vorbei – hier gibt’s schöne Ansichten! 

Als nächstes stand auf unserer Delhi-To-Do-Liste Old Delhi und so fuhren wir als mittlerweile geübte Metro-Fahrer zur Chandi Chowk station. Kaum ausgestiegen waren wir plötzlich mitten im Trubel von Delhi. Menschen überall, hupen, Fahrradrikshas, Motor-Rikshaws, Frauen in bunten Kleidern, Gewürze, Blumen… Eine Überflutung an Reizen und traumhafte Fotomotive überall.   

Weil alles dicht beeinander war und wir viel Zeit zum entdecken und aufsaugen der ganzen Eindrücke haben wollten, entschieden wir uns dafür, einfach drauf loszulaufen. Die Riksha-Fahrer hielten das natürlich für keine gute Idee, dass die einzig sichtbaren Touristen weit und breit nicht an einer Fahrt interessiert waren. Dabei haben sie doch alle „the very best price, just for you, Sir“ und versuchten uns dann noch mit dem Versprechen „No like, no pay“ zu ködern. Ja ne, is klar. Auch an (mehr oder weniger) plausiblen Gründen mangelte es den geschäftstüchtigen Riksha-Fahrern nicht: „Too dangerous, too far, not good to walk, too many pickpockets…“ Die gleiche Leier wie damals in Bangkok. Die sollten sich echt mal bessere Gründe einfallen lassen, um und vom Laufen abzuhalten. ;) Die meisten ließen sich nach kurzer Zeit mit einem freundlichen und bestimmten „No“ oder mit totaler Ignoranz abwimmeln. Nur ein Typ blieb erstaunlich hartnäckig und sah anscheinend in uns das Geschäft seines Lebens. Ganz nach dem Motto „Irgendwann wird er schon aufgeben“ machten wir uns dann zu Fuß auf in Richtung Red Fort, einer alten Festungs- und Palastanlage. Und siehe da, wir schafften es tatsächlich ohne überfahren oder ausgeraubt werden oder sonstwie lädiert zu sein, zu Ziel Nummer eins. Radelnd begleitete uns – ihr ahnt es sicher schon – der hartnäckige Mr. Riksha. Auch nachdem wir ihm gefühlte 500 Mal gesagt haben, dass wir heute definitiv nicht mit seiner Riksha fahren werden, wollte uns der Gute partout nicht glauben… Da auch das Red Fort geschlossen war, wollten wir weiter zur größten Moschee im asiatischen Raum, der Jama Masjid. Dummerweise wussten wir nur die grobe Richtung – und das merkte natürlich auch unser guter Freund der Riksha-Fahrer – mittlerweile seit mehr als 30 Minuten bei uns – und witterte wieder mal seine Chance. Nochmals versuchten wir ihm klar zu machen, dass wir lieber laufen wollten. Und siehe da: er verschwand plötzlich. ENDLICH! Die Erleichterung war aber nur von kurzer Dauer. Nach 2 Minuten war Mr. Riksha wieder da – diesmal aber nur zu Fuß. Es wäre absolut „no problem“, dass wir keine Riksha fahren wollen, er würde uns von nun an auch gerne zu Fuß begleiten. Hach ja, wie nett. Mittlerweile nur noch genervt, beschlossen wir einfach nur noch zurück in die Ubahn zu wollen. Die Lust auf Moschee, Sikh-Tempel und indischen Bazar war uns nach mittlerweile einer Stunde des Zugelabert-Werdens vergangen und wir hatten auch nicht vor, ihm nur eine Rupie zu zahlen. Auch wenn es jetzt vielleicht etwas übertrieben klingt – in dem Moment waren wir einfach nur noch gestresst und enttäuscht, dass dieser Typ unseren Old Delhi Plan zunichte gemacht hatte, einfach nur das Leben und die Leute in Delhi zu beobachten und Fotos zu machen. Und es lag nicht am Geld – für 100 Rupien (ca. 1,50 €) hätte er uns eine Stunde durch Old Delhi gekutscht. Wir wollten einfach nicht. Punkt. 

Naja, trotzdem bekommt ihr noch ein Foto von Mr. Riksha, wie er Felix bearbeitet. Quasi als Belohnung, dass ihr euch bis hierher durchgekämpft habt! ;)
 

Zurück in der Schlepper-sicheren Metro setzten wir uns dann erstmal hin, um uns zu beruhigen und einen Schlachtplan zu schmieden. Da wir wenigstens noch etwas von Delhi sehen wollten, entschieden wir uns für den Connaught Place, den wohl jeder Tourist besucht haben sollte. Das ist ein riesiger Kreis mit Geschäften drin und einem Park in der Mitte. An sich nicht soooo besonders sehenswert, aber halt irgendwie „das Herz“ Delhis. Doch auch hier schienen die Schlepper wieder nur auf uns zu lauern. Und jeder hatte wieder die gleiche Masche: Kurz“hello“ sagen, fragen woher wir kommen, dann ein paar Worte Deutsch rauskamen und berichten, dass man einen Freund in München/ Berlin/ Frankfurt oder einer sonstigen bekannten deutschen Stadt habe. Und man möchte uns noch dringend einen wichtigen Tipp geben: wir sollen uns ja nicht von jemand anderem zu einem falschen Tourist Office lotsen lassen, denn nur hier gäbe es das Offizielle Tourist Office. Komisch, dass uns jeder unserer hilfsbereiten indischen Freunde das offizielle Tourist Office in einer anderen Richtung zeigte und es auch niemanden zu interessieren schien, dass wir überhaupt kein Bedarf an einem Tourist Office hatten. Auch wenn wir stets um Höflichkeit bemüht waren, ließen wir alle dann einfach nur noch stehen und flüchteten in die rettende Metro. Wer hätte gedacht, dass gerade die krachend vollen indischen Metro-Stationen so eine Oase der Ruhe sein können? ;) Also von uns ganz klare Empfehlung für Delhi-Reisende! 

Ganz nach dem Motto „Alle guten Dinge sind drei“ haben wir dann noch das Gate of India besucht. Das lief auch alles ganz entspannt, auch wenn wir auch hier nicht viel sehen konnten, weil das Tor in Vorbereitung auf den National Day am 26.  Januar weiträumig abgesperrt war. Unterwegs gabs dann sogar noch ein paar Affen zu sehen und nach einer Cola und deutschen Schoko-Keksen sah die Welt schon wieder etwas freundlicher aus. ;) 

Auf dem Weg nach Hause entdeckten wir noch einen total schönen Tempel auf einem Berg und entschieden uns spontan noch dorthin zu laufen. Quer durch einen Park voller Einheimischer waren wir wieder mal die Exoten, aber zwischen den Kricket-Spielenden Kindern und den schwatzenden und strickenden Frauen im Sari fühlten wir uns irgendwie wohl. Zwar starrten uns alle an, aber keiner wollte uns etwas verkaufen und so genossen wir einfach die Ruhe und die vielen Eindrücke.  

 
 
Zurück zu Hause konnten wir unsere Enttäuschung wohl nicht so ganz verbergen und so beschloss unser superlieber Host Anmol, dass wir dringend noch ein richtig schönes indisches Erlebnis haben sollten. Kurzerhand ging er gemeinsam mit uns in ein Restaurant mit südindischer Küche und empfahl uns verschiedene Sachen. Und es war wirklich richtig lecker und wir hatten dann doch noch einen tollen Abschluss eines sonst eher mittelmäßigen Tages. 

  

Für den besseren Geschmack im Mund nach dem Essen gab es dann noch Fenchelsamen mit Zucker. Gewöhnungsbedürftig für unseren Geschmack, aber wirklich erfrischend!  

Schlussendlich führte uns Anmol noch zu einem Stand an der Straße, der in (Bananen?)Blätter gehüllte Kräuter verkaufte. Auch sie sollen wohl nach dem Essen den Mund erfrischen, aber für uns waren es irgendwie zu viele Geschmäcker auf einmal. Viel Fenchel und irgendwas sehr süßes trafen auf uns unbekannte Gewürze. Felix beschrieb es ganz passend als „Geschmacksexplosion“. Diese Leckerei bleibt bei mir wohl eher unter der Kategorie „gut, es mal probiert zu haben, aber nochmal muss ich es nicht unbedingt essen“. ;) Wie man so schön auf englisch sagt: Anmol made our day und hat den Tag dann doch noch zu etwas ganz Besonderem gemacht! 

Jetzt gehen wir schlafen, denn morgen früh wartet das Abenteuer „Bahnfahren in Indien“ auf uns. Drei Stunden mit dem Zug nach Agra – dann gibt es bestimmt wieder spannendes zu berichten! ;)

   

christin

3 Kommentare

  1. Hi ihr Lieben , ich hatte gerade Mittagspause und den Bericht mit viel Interesse gelesen – ich denke an euch und bin jetzt schon gespannt auf die Fortsetzung ?Uli

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